Wirtschaftsminister Rainer Brüderle will den 160.000 Beschäftigten in der Abfallwirtschaft 8,02 Euro Mindestlohn verweigern. Die Branchenregelung war in der großen Koalition bereits beschlossen. Angela Merkel steuere auf den Bruch ihres Wahlversprechens zu, warnt Olaf Scholz.
Beim Koalitionsfrühstück am Dienstag kassierte Wirtschaftsminister Brüderle – gewissermaßen zwischen Kaffee und Brötchen – kurzerhand den Branchenmindestlohn von 8,02 Euro für die Beschäftigten der Abfallwirtschaft. Die Tarifpartner hatten noch in der letzten Legislatur beantragt, den von ihnen ausgehandelten Mindestlohn in der Branche für allgemeinverbindlich erklären zu lassen. Dem muss formell das Kabinett noch zustimmen.
Im Wahlkampf hatte Angela Merkel stets versprochen, dass die bereits auf den Weg gebrachten Regelungen nicht mehr in Frage gestellt werden. Gleichzeitig hatte sie der FDP im Koalitionsvertrag aber ein Veto-Recht bei dem Thema eingeräumt. Davon macht Brüderle jetzt Gebrauch – ohne öffentlichen Widerspruch der Kanzlerin.
Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Olaf Scholz warnte daher Angela Merkel vor dem "Bruch eines Wahlversprechens", wenn die vereinbarten Regelungen nicht umgesetzt würden. Viele Menschen hätten sich auf die Zusage der Kanzlerin verlassen, dass es bei den vereinbarten Mindestlöhnen bleibt, betonte Scholz im Interview mit der Neuen Westfälischen (Mittwochsausgabe).
Weil auch die Gewerkschaft ver.di dem Versprechen der Kanzlerin offensichtlich nicht traut, demonstrierten am Dienstag bereits Beschäftigte der Berliner Stadtreinigung und der Berlin Recycling GmbH vor dem Kanzleramt. Ihre Forderung: "Macht den Hungerlöhnen ein Ende." Und sie machten klar: "Wir sind streikbereit – immer!"